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Erschienen am
23.11.2020

Warum Studien-Marketing notwendig ist und wie Sie dabei vorgehen sollten

Christian Meyer

Viele klinische Studien ringen heutzutage um Probanden. Ein verbessertes Studien-Marketing kann der Schlüssel sein, um langwierige Rekrutierungsphasen zu verkürzen, mehr Teilnehmer zu akquirieren und mehr Ärzte als Unterstützer zu begeistern. Wir stellen drei erprobte Stoßrichtungen vor.

Viele klinische Studien ringen heutzutage um Probanden. Ein verbessertes Studien-Marketing kann der Schlüssel sein, um langwierige Rekrutierungsphasen zu verkürzen, mehr Teilnehmer zu akquirieren und mehr Ärzte als Unterstützer zu begeistern. Wir stellen drei erprobte Stoßrichtungen vor.

Kontrollierte klinische Studien dienen der Erprobung von Medikamenten, Therapien oder Diagnose-Methoden. Für die Initiatoren der Studien wird es jedoch immer schwieriger, ausreichend Teilnehmer zu gewinnen, die in die indikationsspezifische Zielgruppe fallen, alle Einschlusskriterien erfüllen und bereit sind, an einer solchen Studie teilzunehmen:

  • Bei rund 80 % der klinischen Studien können die Fristen nicht eingehalten werden
  • Bis zu 37 % der Forschungseinrichtungen verpassen die definierten Rekrutierungsziele 
  • Bei 10 % aller klinischen Studien endet die Rekrutierungsphase sogar ohne einen einzigen Patienten¹

Die Gründe für diese Rekrutierungsschwierigkeiten sind vielfältig. In erster Linie ist die gestiegene Zahl an Studien dafür verantwortlich, dass der „Konkurrenzkampf“ um Patienten zugenommen hat. Auch organisatorische Gründe in den Kliniken spielen eine Rolle, Studienpatienten sind schließlich aufwendiger als normale Patienten und bedeuten in der Regel Mehrarbeit fürs Team. Manche Patienten sehen Studien – trotz der in den letzten Jahren stark verbesserten Patientenaufklärung – noch immer als „Experimente“, bei denen Patienten die „Versuchskaninchen“ sind und einige Patienten hegen Ängste modernen Substanzen gegenüber, die z. B. immunmodulatorisch wirken, und vermeintlich ein Risiko für Probanden bedeuten. Häufig liegen die Gründe aber auch an der Studie bzw. an der Indikation selbst, zum Beispiel wenn es um eine seltene oder schwer zu diagnostizierende Erkrankung geht, komplizierte Studien-Protokolle oder Einschlusskriterien (z. B. Vortherapien) vorliegen oder generell der Zugang zu Patienten-Kollektiven außerhalb von Studienzentren aufwändig ist. 

Das Resultat: Nur etwa 5 % der Patienten in Deutschland nehmen an klinischen Studien teil², ein enormer „Konkurrenzkampf“ um die Patienten zwischen den rund 1.000 Studien³, die pro Jahr in Deutschland durchgeführt werden und für Pharmaunternehmen Studienprozesse, die immer zeitaufwändiger und kostenintensiver werden. 

Dieser Entwicklung können wir durch zielorientierte und professionelle Studienvermarktung begegnen. Während heute teilweise noch sehr traditionell mit Anzeigen in Zeitungen und Plakaten in U-Bahnstationen um Patienten geworben wird, meinen wir, dass alle bei einer Studie beteiligten Akteure nutzenorientiert und möglichst individuell angesprochen werden sollten. Wir empfehlen, den folgenden drei Stoßrichtungen zu folgen: 

Stoßrichtung 1: Ärzte stärker einbinden 

Umfragen belegen immer wieder, dass sich Patienten wünschen, von ihren Behandlern von relevanten Studien zu erfahren. Dem kommt entgegen, dass Kliniken, Studienzentren und Zuweiser auch heute noch die zentrale Rolle bei der Anwerbung von Studienteilnehmern haben.  

Unsere erste Stoßrichtung befasst sich also damit, die Ansprache dieser Zielgruppe zu optimieren. Einige Maßnahmen zu diesem Zweck können sein: 

  • Website zur Studie speziell für Ärzte 
  • Vorstellung der Studie auf Kongressen oder auf anderen, kleineren Veranstaltungen oder Treffen (z. B. durch Roll-up, Präsentation, Film) 
  • Veröffentlichung in Fachjournalen 
  • Ansprache der Ärzte durch den vertrieblichen oder medizinischen Außendienst und Abgabe von Printmaterial zur Studie (wenn HWG-konform) 
  • Ansprache der Ärzte durch medizinischen Außendienst (MSL oder SciOps) und Abgabe von Informationsmaterial zur Studie (auch digital z. B. über interaktive Veeva-Folder, die sich dem Gesprächsverlauf anpassen) 
  • Ansprache der Ärzte durch andere Ärzte (wie Studienleiter oder andere Meinungsbildner), z. B. durch Vorträge  
  • Bildung und Unterstützung lokaler Netzwerke zur Indikation bzw. zur Studie  
  • Oder als große Ausbaustufe: eine Publikation zum Thema z.B. in Form eines nationalen Konsensus 

Der Schwerpunkt bei all diesen Ansprachen sollte neben dem klinischen Ziel der Studie auch der Mehrwert für den Arzt bzw. die Klinik in der Versorgung sein. Was haben Arzt bzw. Klinik davon, wenn sie bei der Studie mitmachen?

Stoßrichtung 2: Patienten individueller ansprechen

Als zweite wichtige Zielgruppe sollten die Patienten direkt angesprochen und informiert werden. Der wichtigste „Kommunikationskanal“ hierfür ist selbstverständlich der jeweilige Arzt. Dieser sollte mit möglichst anschaulichen, patientengerecht gestalteten Informationsmaterialien zur Studie ausgestattet werden, um diese an den Patienten abgeben zu können. Das ist die Basis und nicht zu verwechseln mit der Studien-Aufklärung, die auch vor der Teilnahme erfolgt.  

Darüber hinaus sollten Studieninitiatoren auch versuchen, Patienten breiter anzusprechen, um diese auf die Studie aufmerksam zu machen (natürlich im rechtlich zulässigen Rahmen). Im Prinzip gibt es hierfür zwei Wege: den Weg über die breite Öffentlichkeit durch PR und Massenmedien und den individuellen Weg, der über gezielte Zielgruppenansprache, z. B. über soziale Medien, funktioniert.  

Bei kleineren Patientenpopulationen (siehe oben) wird in vielen Fällen die Bildung von Zielgruppensegmenten und die individuelle Ansprache erfolgreicher sein, da sie mit weniger Streuverlusten verbunden ist. Machen Sie sich Gedanken, wen Sie ansprechen möchten und wie. Einige Beispiele: 

  • Gesunde Freiwillige müssen anders angesprochen werden als Patienten. 
  • „Wiederholungstäter“ haben andere Informationsbedürfnisse als Studienneulinge.
  • Frauen und hochaltrige Patienten sind grundsätzlich in klinischen Studien unterrepräsentiert, wie können Sie das ändern?  

Kanäle, die ein sehr gutes „Targeting“, also eine zielgruppengerechte Ausspielung von Studieninformationen ermöglichen, finden sich am besten im Online-Bereich. Durch Google-, Facebook-, YouTube-Werbeformate ist beispielsweise die feingranulare Schaltung von Werbung wie Bannern, Videoclips oder Advertorials an kleinste Zielgruppen möglich. Diese leiten den Interessenten dann für weiterführende Informationen auf eine Patientenwebsite, wo für  Details und genauere Prüfungen an den Arzt verwiesen wird.  

Für die Patienten sollte – ganz wie beim Arzt – eine klare Mehrwert- bzw. Nutzen-Kommunikation im Vordergrund stehen, neben der medizinischen Information. Beachten Sie, dass Sie auch Grundlagen erklären müssen, denn Fakt ist, dass potenzielle Studienteilnehmer in aller Regel weder Kenntnis von der Initiierung einer Studie noch von den Vorteilen einer Studienteilnahme haben. Unter Umständen lohnen sich hier auch Umfragen bei potenziellen Patienten, um deren Wahrnehmung und Informationsbedarf bezüglich der Studie zu verstehen.  

In jedem Fall lohnt sich der Aufwand, denn Studien zeigen, dass die Teilnahmebereitschaft mit dem Maß an Aufklärung zunimmt.

Stoßrichtung 3: Alle Stakeholder nutzen, um Patienten und Ärzte anzusprechen

Nun sollten Sie den Blick weiten und prüfen, ob es noch andere Stakeholder gibt, die Ihnen helfen können, passende Patienten in die Studie bekommen.  

Typische Stakeholder sind:  

  • Angehörige: Manchmal ist es schwierig, die eigentliche Patientenzielgruppe zu erreichen, z. B. wenn diese schon älter ist. Überlegen Sie, ob Sie stattdessen (jüngere) Angehörige der Patienten erreichen können.  
  • Patientenorganisationen: Manche Patienten sind in Verbänden organisiert. Diese haben häufig ein Interesse daran, ihre Mitglieder über innovative Studien zu informieren. Das können Sie nutzen.  
  • Fachgesellschaften: Wenn eine Erkrankung vorwiegend von einer bestimmten ärztlichen Fachgruppe betreut wird, ist eine Kommunikation von dieser Gruppe aus hilfreich, um Patienten gezielt zu erreichen und die Fachgruppe besonders mit der Behandlung einer Erkrankung zu verbinden. 
  • Kassen: Wenn Sie es schaffen, den Krankenversicherungen den wirtschaftlichen Vorteil einer Studienteilnahme ihrer Versicherten zu erklären, sollten sie diese informieren und darum bitten, dass die Versicherung mithilft, Ärzte oder gar ihre Versicherten über die Studie zu informieren.  

Früh an die Vermarktung denken

Ein verbessertes Studien-Marketing kann der Schlüssel sein, um langwierige Rekrutierungsphasen zu verkürzen, mehr Teilnehmer zu akquirieren und mehr Ärzte als Unterstützer zu begeistern. Beginnen Sie früh damit, sich über eine passgenaue Studienkommunikation Gedanken zu machen – wir unterstützen Sie gerne bei der strategischen Konzeption, bei Entwurf und Umsetzung zielgruppengerechter Kommunikationsmaßnahmen und – als zertifizierter Veeva-Partner – selbstverständlich auch beim Aufsetzen digitaler Kommunikationskanäle. 

[1] https://www.reportbuyer.com/product/5436736/global-pharma-clinical-trial-patient-recruitment-and-monitoring-it-solutions-forecast-to-2020.html 
(abgerufen Oktober 2020)
[2] 
https://www.zuehlke.com/blog/wie-die-digitalisierung-klinische-studien-retten-kann/
[3]
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/2014-09/bfarm-10000-antraege-fuer-klinische-studien-in-deutschland/ (abgerufen August 2020)

Christian Meyer

Christian Meyer

als Senior Consultant unterstützt er seit September 2012 mit strategischer und analytischer Ausrichtung diverse Kundenprojekte. Aufgrund seiner Erfahrung nach über 14 Jahren in der pharmazeutischen Industrie in Funktionen des Business Development, der Strategischen Planung und des Marketing bringt er insbesondere fachlichen Hintergrund aus dem Healthcare Markt mit. Er glaubt daran, dass innovative und vernetzte Lösungen Entscheider in die Lage versetzen, die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern.

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Dr.
Christian Meyer

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