Das Gras auf der anderen Seite scheint manchmal grüner zu sein. Nach diesem Motto schauen wir uns auch gerne jenseits unseres Zauns, im Consumer-Markt, nach tollen Ideen um. Hier haben wir drei preisgekrönte Kampagnenansätze aufgespießt, deren Prinzipien auch in der Gesundheitsbranche funktionieren können. Denn die Mechanismen guter Werbung wirken branchenunabhängig.
Ansatz 1: Sofort die Wirkung einer Tat sehen
Was: Ein Spendenaufruf für Misereor mit Kreditkarten-SpendeZielgruppe: Alle FlughafenbesucherWie: In die Plakatfläche ist die Möglichkeit integriert, die Kreditkarte durchzuziehen und zwei Euro zu spenden. Wer das tut, sieht sofort die angestrebte gute Wirkung: Eine Brotscheibe wird abgeschnitten, Fesseln werden durchtrennt.Wer: Misereor / Kolle Rebbe[video width="480" height="272" mp4="//www.healthcaremarketingblog.de/wp-content/uploads/2014/09/Misereor_PlaCard.mp4"][/video]
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Was wir uns davon abschneiden:
- Den Spieltrieb nutzen: Da ist etwas Großes, damit kann ich etwas machen, dann passiert etwas, das will ich sehen!
- Gleich ist besser als später: Wir würden gerne Gutes tun, aber was dabei rauskommt, das merkt man oft gar nicht oder erst so viel später, dass es schon gar nichts mehr mit der Handlung zu tun hat. Was passiert mit meinem Spendengeld? Hier ist das gute Ergebnis – scheinbar – direkt an die Handlung gekoppelt. Das funktioniert, weil die Sinne stärker auf uns wirken als die Logik.
- Lieber niederschwellig und dafür häufig: Zwei Euro sind ja nicht viel Geld. Die Umgebung spielt natürlich auch ihre Rolle: Flughäfen sind teures Pflaster, da wirken zwei Euro wie gar nichts. Und die Kreditkarte zieht man hier sowieso im Duty-Free-Shop.
Ansatz 2: Keine Angst vor der Überhöhung des Banalen
Erst aufblasen, dann verknappenWas: Ein Hammer aus StahlZielgruppe: AlleWie: Zur Herstellung des Hammers wurde Stahl eines Panzers recycelt. Das macht die Funktion nicht besser oder schlechter, es bestimmt nur Optik und Tonalität der Kampagne. Für potentielle 80 Millionen Käufer wurden 7000 Exemplare bereitgestellt, die nur einen Tag lang im Geschäft verkauft wurden. Ein paar noch vorab, ein paar noch hinterher an wechselnden, geheimen Orten: Z.B. im Kaufhaus in der Parfümerie oder auf einem Ausflugsdampfer.Wer: Hornbach / Heimat[video width="480" height="272" mp4="//www.healthcaremarketingblog.de/wp-content/uploads/2014/09/Hornbach-Hammer.mp4"][/video](Zur Videodarstellung wird ein aktueller Browser benötigt, z.B. IE 9 oder höher)Was wir uns davon abschneiden:
- Lebensgefühl passt auch ins generischste Ding: Ein neuer Hammer? Jeder hat schon einen Hammer und die gehen eher selten kaputt. Jenseits der Bedarfsgesellschaft geht es ja aber nicht mehr darum, ob etwas gebraucht wird, sondern wie es sich anfühlt, es zu gebrauchen. Und das können wir beeinflussen.
- Verknappung mit Agenda: Wenn es genügend davon gibt, ist es nichts Besonderes, Eines davon zu haben. Hier gibt es nicht nur Wenige, die Knappheit wird in Stufen gesteigert: Der Markteintritt erfolgt in mehreren Chargen und es wird immer schwieriger, den Verkaufsort zu finden.
Ansatz 3: Das Übliche – aber auf dem Silbertablett
Usability rules, auch in der physischen Welt.Was: Eine Probefahrt mit dem Audi A8Zielgruppe: Die schwer erreichbaren ReichenWie: Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen schwarzen Würfel nach Hause geschickt mit einem großen Knopf oben drauf. Sie wollen diesen Knopf drücken!Sie drücken den Knopf, und (exakt) 90 Minuten später steht das Auto zur Probefahrt vor der Tür.
Sie drücken diesen Knopf.Sie und alle anderen, die einen solchen Würfel erhalten haben.Response-Rate: 100%.
Wer: Audi / Philip und KeuntjeWas wir uns davon abschneiden:
- Wenn schon übertreiben, dann maximal: Die Steigerung des Prinzips, nichts Neues zu erfinden, sondern das bereits Bewährte edler, teurer, schicker, größer.Dass das Auto zur Probefahrt vor die Tür geliefert wird, dürfte nichts Neues sein für das erlesene Kundensegment. Dass dies aber nicht einfach durch einen Anruf oder einen Briefbogen initiiert wird, sondern durch ein eigens und nur dafür gemachtes physisches Ding, das macht es nicht nur edel, sondern (dank GPS) irgendwie magisch.
- Konversion funktioniert simpel und haptisch: Eine Box, ein Knopf, fertig. Die Lust am Anfassen ist schwer zu bändigen. Das gilt digital übrigens genauso: ein simpler, großer Button in der Mitte wirkt immer.
Neu sind diese Mechanismen nicht, aber in diesen Beispielen besonders konsequent umgesetzt, was unserer Meinung nach viel ihrer Wirkung ausmacht. Die Übertragung auf die Healthcare-Branche braucht natürlich etwas Vorstellungsvermögen, aber diese geistigen Dehnübungen sind aus unserer Sicht nötig, um auch beim Healthcare-Marketing nicht in eingefahrenen Mustern stecken zu bleiben. Und manchmal reicht vielleicht schon eine stärkere Färbung, also ein bisschen Übertreibung.Was ist Ihre Meinung?